Studie: Abgeschoben nach Afghanistan

Eine neue Studie der Afghanistan-Expertin Friederike Stahlmann hat untersucht, wie es Afghanen geht, die aus Deutschland  abgeschoben wurden. Ihr Fazit: Die Rückkehrer haben kaum eine Chance, in Afghanistan Fuß zu fassen, ihnen drohen Gewalt, Verelendung und Verfolgung.

Ihnen wird Verrat, Verwestlichung, unmoralisches Verhalten oder die Abkehr vom Islam vorgeworfen, was auch ihre Familien gefährdet. Dehalb fehlt den Rückkehrern vielfach das überlebenswichtige familiäre Netz. Von den 113 befragten Abgeschobenen konnte nur ein einziger eine existenzsichernde Arbeit finden, 75 % waren auf private Unterstützung aus dem Ausland angewiesen, 15 % waren obdachlos. Fast alle haben das Land bereits wieder verlassen oder wollen es verlassen, zwei haben sich das Leben genommen.

Die Auftraggeber der Studie – Diakonie Deutschland, Brot für die Welt und die Diakonie Hessen – fordern daher einen sofortigen Abschiebestopp nach Afghanistan. Mehr dazu, auch eine Kurzfassung und ein Interview mit der Autorin auf den Seiten der Diakonie Deutschland.

Ganze Studie: Erfahrungen und Perspektiven abgeschobener Afghanen (pdf, 3 MB)

Kundgebung: Kein Mensch ist illegal

Die Aktion kritischer Schüler_innen Vorarlbergs veranstaltet am Dienstag, den 02.02, um 17:00 eine spontane Kundgebung in Bregenz am Kornmarktplatz unter dem Motto „Kein Mensch ist illegal!“.

Wieder lässt Österreichs Regierung, allen voran Innenminister Karl Nehammer, Schülerinnen* und ihre Familien abschieben. Kinder, die hier, mitten unter uns zur Welt gekommen sind. Kinder, deren Schulfreund_innen bis zuletzt alles gegeben haben, diesen Akt der Unmenschlichkeit zu verhindern.
Setzen wir ein starkes Zeichen gegen menschenfeindliche Abschiebungen und Asylpolitik. Denn kein Mensch ist illegal!

Die Corona-Maßnahmen werden eingehalten. Ein Tragen des MNS und das Einhalten der Abstandsregelungen wird verpflichtend sein.

Nationalrat: Lehrlinge sollen nicht abgeschoben werden

In der gestrigen Sitzung des Nationalrats wurde ein großer erster Erfolg für Asylwerber in einer Lehre erreicht; gleich zwei Anträge fanden eine Mehrheit: Ein Entschließungsantrag der ÖVP, eingebracht von Karlheinz Kopf, fordert den Innenminister auf, sicherzustellen, dass Asylwerber nicht vor Abschluss ihrer Ausbildung abgeschoben werden. Ein zweiter Antrag von Alma Zadic und Abgeordneten der NEOS fordert zusätzlich das Ministerium auf, eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Verbleib von gut integrierten Lehrlingen bis zum Abschluss der Lehre zu schaffen.
Beide Anträge wurden mit den Stimmen aller Parteien außer der FPÖ angenommen, ein weitergehender Antrag der SPÖ fand dagegen keine Mehrheit (mehr dazu in der Parlamentskorrespondenz).

Wie die 881 verbleibenden Lehrlinge und viele Unterstützer*innen sind wir sehr glücklich, dass sich kurz vor dem Ende der Parlamentsperiode doch noch eine positive Lösung abzeichnet. Dieser Erfolg geht vor allem auf das Konto von Landesrat Rudi Anschober, der unermüdlich für seine Initiatve „Ausbildung statt Abschiebung“ wirbt, und dazu zahlreiche Unterstützer aus allen Lagern gewonnen hat (natürlich auch in Vorarlberg). Auch wir sind stolz mit unseren Aktionen, Briefen, Mails und Unterschriftenlisten ein kleines bisschen dazu beigetragen zu haben.

„Leider konnte sich die ÖVP nicht dazu durchringen, bereits die Weichen für einen klaren Gesetzesbeschluss zu unterstützen, aber auch dieser Weg eines sogenannten Entschließungsantrages ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Jetzt liegt der Ball bei Innenminister Peschorn, damit Wege gesucht und gefunden werden, diesen Auftrag des Nationalrats auch in die gelebte Praxis zu bringen. Das ist noch nicht gesichert, das Ringen geht weiter“, schreibt Anschober.

Auch wir werden weiter dranbleiben – auch mit der Hilfe unser vielen Unterstützer*innen, die sich mit vielen Appellen an den bisherigen Aktionen beteiligt haben.

Projekt: Schwarzbuch Abschiebungen

Die asylkoordination Österreich hat ein neues Projekt gestartet, um Abschiebungen von Flüchtlingen und ihr weiteres Schicksal zu dokumentieren.

Das „Schwarzbuch Abschiebungen“, das online zugänglich gemacht wird, soll über Crowdfunding finanziert werden.
Bitte hier auf respekt.net unterstützen!

 

Projektbeschreibung

In Österreich verschwinden Menschen.
Allein in das seit 40 Jahren vom Bürgerkrieg gebeutelte Afghanistan wurden 2018 190 Menschen abgeschoben. Viele hatten in Österreich Freunde gefunden, die sich nach Kräften bemühten diese Deportationen zu verhindern. Immer wieder erreichen uns verzweifelte Telefonanrufe, tauchen Meldungen in den Medien auf oder werden Petitionen gegen einzelne Abschiebungen gestartet.
Wie diese Abschiebungen dann tatsächlich ablaufen, was mit den Menschen in Afghanistan passiert und was sie hier zurücklassen, davon erfährt die Öffentlichkeit nur sehr selten. Die Regierung will, dass diese Menschen und ihr Schicksal vergessen werden, und ihre Freunde wollen sie durch Öffentlichkeit nicht noch mehr gefährden.
Wir wollen dieses Unrecht dokumentieren, festhalten, was bei den Abschiebungen und danach mit den Abgeschobenen geschieht. Für diese Dokumentation bauen wir ein Netzwerk aus Ehrenamtlichen, NGO-MitarbeiterInnen und Vertrauenspersonen in den Zielländern der Abschiebungen auf.
Ziel ist ein Schwarzbuch Abschiebungen, in dem die Fälle anonymisiert dokumentiert werden und damit ein Instrument gegen Abschiebungen geschaffen wird.

Das Schwarzbuch „Abschiebungen“ wird als Online-Dokumentation (als work in progress) zugänglich gemacht. Nach Projektabschluss werden wir eine Publikation in Buchform herausgeben, bei der die Dokumentation der „Fälle“ durch Hintergrundberichte ergänzt wird.

EU-Parlament gegen Rückführungen nach Afghanistan

Das Europäische Parlament hat sich mit der Lage in Afghanistan beschäftigt und am 14. Dezember 2017 eine Entschließung zu einigen positiven und zahlreichen negativen Entwicklungen verabschiedet.

Das Parlament weist in Punkt 18 darauf hin, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten zur Achtung des Asylrechts verpflichtet sind und hebt hervor, dass der Möglichkeit, auf sicherem und legalem Wege Zuflucht zu suchen, eine wichtige Rolle zukommt, wenn es gilt, Todesfälle unter Asylsuchenden zu verhindern. Dazu wird auch speziell auf die Umsiedlungsprogramme des UNHCR verwiesen.

In Punkt 19 wird bedauert, dass das Rückübernahmeabkommen zwischen der EU und Afghanistan ohne parlamentarische und demokratische Kontrolle abgeschlossen wurde. „Das Parlament fordert die Regierungen in der Region auf, von der Rückführung von Afghanen Abstand zu nehmen und weist darauf hin, dass dies einen unmittelbaren Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht darstellt.“
Der Umstand, dass immer mehr Flüchtlinge auf diese Art und Weise behandelt werden, verleihe terroristischen Gruppen Rückenwind und führe zu noch mehr Instabilität in der Region.

Das Parlament betont auch, dass Rückführungen nach Afghanistan das Leben der betroffenen Personen erheblich gefährden, insbesondere von Alleinstehenden, die in Afghanistan nicht auf ein Netz aus Familienangehörigen oder Freunden zurückgreifen können und daher geringe Überlebenschancen haben.

Diese Entschließung wurde an alle EU-Gremien, an die Regierungen und Parlamente der Mitgliedstaaten sowie an die Regierung und das Parlament Afghanistans  übermittelt.
Sie stützt sich auf eine gemeinsamen Antrag von konservativen, christdemokratischen, sozialdemokratischen, liberalen und grünen Fraktionen – bleibt nur zu hoffen, dass ihre Parteikollegen in den europäischen Regierungen diesen Aufruf ernst nehmen.

Norwegen: Parlament setzt Abschiebungen teilweise aus

Das norwegische Parlament hat die Regierung überstimmt und beschlossen, dass die geplanten Abschiebungen von jugendlichen Flüchtlingen vorläufig ausgesetzt und alle Fälle noch einmal überprüft werden. Dabei handelt es sich um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die im Herbst 2015 ins Land gekommen waren und nach Erreichen der Volljährigkeit abgeschoben werden sollen. Unter den 130 akut Betroffenen sind 128 Afghanen.

Schülerprotest in Trondheim – © Amnesty International

Zumindest bekommen diese Jugendlichen jetzt noch eine Chance. Die Proteste von Schülern gegen die Abschiebung der 18-jährigen Taibeh Abbasi, die auch von Amnesty International unterstützt wurden, haben offenbar Wirkung gezeigt.

Gefunden auf dem Blog Afghanistan Zhaghdablai. 

Einsatz gegen Abschiebungen

Bei unserer Aktion am Nationalfeiertag haben viele Leute ihre persönlichen Botschaften an die österreichische Regierung auf Karten geschrieben. Wir haben aber auch Unterschriften auf Listen gesammelt, um uns konkret gegen Abschiebungen in Kriegsgebiete auszusprechen. Wer nicht dabei war, oder noch mehr sammeln möchte, kann die Liste hier herunterladen: Unterschriftenliste

Aktionskarten zum Download und Verschicken gibt es auch noch.
Danke fürs Mitmachen!

Auch sonst regen sich überall in Europa Initiativen gegen die Abschiebungen von Nachbarn, Freunden, Mitschülern und Mitarbeitern: Viele kennen sicher die Kampagnen der Internet-Plattform change.org, dort gibt es eine ganze Liste von Petitionen zu Abschiebungen nach Afghanistan – die meisten aus Deutschland, eine davon auch aus Österreich.

Tausende Schüler demonstrierten für Taibeh

Amnesty International hat den Fall der Schülerin Taibeh Abbasi und ihrer Familie in Trondheim als Beispiel genommen, und sammelt weltweit Apelle an die norwegische Regierung, die Abschiebungen nach Afghanistan auszusetzen – zur Aktion

Rückblick Ballon-Aktion

Bei strahlendem Sonnenschein stiegen am 26. Oktober um 14.30h mehrere hundert bunte Luftballons mit daran hängenden Postkarten, gerichtet an das Innenministerium, knapp am Altacher Kirchturm vorbei in den blauen Himmel auf. Darauf haben die vielen anwesenden geflüchteten Menschen – Familien mit Kindern, unbegleitete Minderjährige, Erwachsene – aber auch die zahlreichen Sympathisantinnen und Sympathisanten aus ganz Vorarlberg, ihre Wünsche, Ängste, Erwartungen schriftlich festgehalten. Die Gruppe Flucht-Punkt-Ländle freut sich über jede Postkarte, die gefunden, frankiert und an das Innenministerium in Wien geschickt wird. Es war letztlich eine Aktion, die im ganzen Land Aufmerksamkeit erregen und zum Mitdenken, Unterstützen und Mut für die Zukunft auffordern wollte.

Anlass für das Engagement, war die zunehmende Zahl an negativen Asylbescheiden an geflüchtete Menschen aus Afghanistan, dem Irak, Somalia – Länder, in denen seit vielen Jahren Krieg, Terrorismus, kriegsähnliche Zustände mit täglich wechselnder Bedrohungslage herrschen. Nach dem im letzten Jahr geschlossenen Rückschiebeabkommen der EU mit der Regierung Afghanistans mit pauschaler finanzieller „Belohnung“, sind europaweit die Abschiebungen nach Afghanistan gestiegen. Zudem stieg und steigt der Druck der Behörden auf die sogenannte „freiwillige Rückkehr“, wie Betroffene und ihr Begleitpersonen glaubhaft berichten, fast aufs Unerträgliche.

Ballon-Aktion gegen Abschiebungen in Kriegsgebiete

Am Nationalfeiertag,
den 26.10.2017,
ab 14 Uhr
bei der Pfarrkirche
in Altach

Viele Menschen, die aus Kriegsgebieten zu uns geflüchtet sind, leben seit Jahren hier, bemühen sich um eine gute Integration, lassen sich nichts zuschulden kommen, lernen fleissig die Sprache und  leisten Freiwilligenarbeit.
Und doch bekommen sie negative Bescheide und damit droht ihnen die Abschiebung zurück in ihre Heimat. Oft sind die Gründe nicht nachvollziehbar. Und bei einer Rückkehr in die Heimat steht ihr Leben auf dem Spiel.

Unter dem Motto MENSCH.BLEIB.MENSCH wollen wir gemeinsam mit geflüchteten Menschen Luftballons mit Postkarten ans Innenministerium steigen lassen. Wir hoffen darauf, dass die Postkarten von den Menschen, die sie finden, als Unterstützung unserer Bemühungen weitergeschickt werden.

Wir freuen uns über zahlreichen Besuch und Unterstützung!

Einladung (pdf, 820 kB)
Aktionskarten (pdf, 1,5 MB)
zum Download und zum Weitergeben

Abgeschoben nach Afghanistan

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit fand am letzen Dienstag wieder eine Abschiebung per Charterflugzeug nach Kabul statt. An Bord waren 10 Afghanen aus Schweden und 11 aus Österreich.

Einblicke, wie es den Rückkehrern in Afghanistan geht, gibt ein Bericht der kleinen NGO AMASO, einer der wenigen, die sich in Kabul um die Abgeschobenen kümmert. Einer davon ist Hussain, der in Österreich nach einer Nierenoperation direkt aus dem Krankenhaus geholt und ins Flugzeug gebracht wurde.  Während des Fluges war er ohnmächtig, er leidet unter den Folgen der Operation und weiteren Infektionen.

Ein anderer Mann, Wazir ist in einem Facebook-Eintrag von AMASO  auch in einem kurzen Fernsehbericht zu sehen, in dem er sagt, dass er seine Frau und Kinder in Österreich zurücklassen musste.

Immer mehr Berichte beleuchten die Abschiebungen aus Europa und die Lage der (mehr oder weniger) freiwilligen Rückkkehrer und der Abgeschobenen. Den neuesten Report von Amnesty International haben wir hier schon erwähnt.

Ein Bericht des freiwilligen Recherche-Netzwerks Asylos zeigt die Schwierigkeiten auf, denen westliche beeinflusste junge Männer in Afghanistan begegnen: AFG2017-05-Afghanistan-Situation-of-young-male-Westernised-returnees-to-Kabul (pdf, 1,1 MB)

In einem Interview spricht Abdul Ghafoor, der Gründer von AMASO, mehr über seine Arbeit und über die Situation der Rückkehrer.
Und in der neuen Nummer des deutschen Asylmaganzins sind auch einige Fachartikel zur humanitären Situation und zum Überleben in Afghanistan.